Sensibilisierung

17. februar 2025

 

 

Kultursensibel sollten wir als Christen, Deutsche, Europäer sein, wenn wir mit Angehörigen anderer Kulturkreise in Kontakt kommen, machtsensibel für den Umgang miteinander in Behörden, Einrichtungen und Ordnungsorganen, geschlechtersensibel für all die Rollenfallen, in die man als Frau oder – vor allem – Mann tappen kann, wenn man(n) einfach seiner Gepflogenheit nachgeht. Daran ist erst einmal nichts auszusetzen. Dennoch ist es mit diesen Sensibilisierungen so eine Sache. Zum einen lassen sich zuviele Sensibilisierungen nebeneinander nicht einfach gleichzeitig bedienen. Auch Aufmerksamkeit ist ein endliches, limitiertes Gut. Zum anderen ist es ein wenig so wie bei einem neuen Auto: Wie durch ein Wunder sieht man plötzlich unentwegt genau solche Autos wie das just selbst erworbene. Die gab es selbstverständlich vorher auch schon, aber man hat sie im Großen und Ganzen nicht als auffällig wahrgenommen. Sensibilisierungen schärfen und triggern die Wahrnehmung und erzeugen damit einen leichten Bias, wie man heute sagt: Eine kleine Wirklichkeitsverzerrung, die sich aus der fokussierten Struktur der Wahrnehmung ergibt. Das gehört zu jeder Sensibilisierung dazu, weist sie nachgerade als gelungen aus. Auf Dauer gestellt, heißt es aber Obacht geben, dass aus der Sensibilisierung keine Störung wird. Das gilt selbst für gottsensible Lebensformen: Sind sie einmal überdreht, wird aus dem göttlichen Licht ein fressendes Feuer.


Helmut Aßman
 

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